Arbeitsrecht – Eine unangemessene Ausbildungsvergütung liegt vor, wenn diese 80 % der stundenlohnbasierten tariflichen Ausbildungsvergütung nicht erreicht

Arbeitsrecht – Eine unangemessene Ausbildungsvergütung liegt vor, wenn diese 80 % der stundenlohnbas

In einem aktuellen Urteil hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein  vom 03.05.2022 (Az. 2 Sa 280/21)zur Frage, auf welcher Basis die Angemessenheit einer Ausbildungsvergütung zu berechnen ist, sinngemäß folgendes entschieden:

Eine vereinbarte Ausbildungsvergütung, welche die in einem einschlägigen Tarifvertrag enthaltenen Vergütungen um mehr als 20 % unterschreitet, ist in der Regel nicht angemessen im Sinne des § 17 BBiG. Beim dafür notwendigen Vergleich der tariflichen Ausbildungsvergütung mit der tatsächlichen Vergütung ist eine tarifvertraglich vorgesehene Ausbildungszeit von 37,5 Stunden pro Woche auf eine 40 Stunden-Woche hochzurechnen, wenn im Ausbildungsbetrieb die Auszubildenden tatsächlich so lange arbeiten.

Sachverhalt


Die Parteien streiten über die Angemessenheit der Ausbildungsvergütung des Klägers im vierten Ausbildungsjahr. Dabei dauerte die Ausbildung des klagenden Auszubildenden zum Kraftfahrzeugmechatroniker beim beklagten Kfz-Betrieb vom 01.08.2016 bis zum 15.06.2020. Im Ausbildungsvertrag wurde für das vierte Ausbildungsjahr eine Ausbildungsvergütung i.H. v. 700,00 € brutto sowie eine regelmäßige Ausbildungszeit von 40 Stunden pro Woche vereinbart. Der einschlägige Vergütungstarifvertrag für Auszubildende der Tarifgemeinschaft in Schleswig-Holstein sah ab dem 01.08.2019 eine monatliche Ausbildungsvergütung für das vierte Lehrjahr i.H. v. 930,00 € brutto vor. Der auch für Auszubildende geltende, einschlägige Manteltarifvertrag setzt in diesem Zusammenhang die wöchentliche Ausbildungszeit auf 36 Stunden fest. Da der klagende Auszubildende die gezahlte Ausbildungsvergütung für unangemessen hält, macht er die Differenz bis zur tariflichen Ausbildungsvergütung bis vor das LAG Schleswig-Holstein geltend.

Fazit

Auslöser u.a. für das hier besprochene Urteil des LAG Schleswig-Holstein könnten Aktivitäten des DGB  Rechtsschutz sein, welcher dieses Thema nach unseren Erkenntnissen derzeit wohl sehr aktiv begleitet.

Das Urteil bestätigt zunächst einmal mehr den allgemeinen Grundsatz, dass eine vereinbarte Ausbildungsvergütung dann unangemessen ist, wenn sie die in einem einschlägigen Tarifvertrag enthaltenen Vergütungen um mehr als 20 % unterschreitet. Ist die Unangemessenheit festgestellt, dann kann der Auszubildende die Zahlung der tariflichen Ausbildungsvergütung verlangen. Allerdings beschäftigt sich die Entscheidung auch mit der bislang noch nicht höchstrichterlich geklärten Frage, auf welche Berechnungsbasis sich der Vergleich zwischen tariflicher Vergütung und tatsächlicher Vergütung bezieht. Nach Ansicht des LAG Schleswig-Holstein sind nicht die tariflichen mit den vereinbarten Monatsvergütungen zu vergleichen, sondern ausdrücklich die sich daraus errechnenden Stundenlöhne.

Ob diese Sichtweise unbedingt zwingend ist, werden sicherlich erst künftige Urteile zeigen. Man kann hier nach ZDK-Auffassung nämlich genauso argumentieren, dass die Bruttomonatsvergütung des Auszubildenden als Gegenleistung für die Ausbildung an sich geschuldet wird und eben keinen konkreten Stundenbezug beinhaltet.

Im Übrigen kann man sich in einigen Regionen sicherlich zusätzlich die Frage stellen, ob die zugrunde gelegte tarifliche Vergütung überhaupt noch als Vergleich für § 17 Abs. 4 BBiG herangezogen werden kann.