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Erste Entscheidung zum Neuwagenbegriff nach der neuen Pkw-ENVKV für Pkw mit höheren Laufleistungen

Die Auslegung des Neuwagenbegriffes für Pkw mit weniger als acht Monate alter Zulassung und Laufleistungen über 1000 km ist seit Inkrafttreten der Pkw-EnVKV im Februar 2024 nach wie vor umstritten. Die Deutsche Umwelthilfe ist diesbezüglich - wie zu erwarten - nicht untätig und eine erste Entscheidung erreichte uns vom Landgericht Limburg an der Lahn.

Gegenstand der Abmahnung aus August 2024 waren

  • Ein Ford Kuga Hybrid ST-Line X mit einer Laufleistung von 100 km als Neuwagen, bei dem die Angaben der Co2-Emissionen fehlten.
  • Ein Ford Mustang Coupe mit einer Laufleistung von 2.000 km und einer Erstzulassung 6/2024 ohne Angabe des Kraftstoffverbrauchs, der Co2-Emissionen und der Co2-Klasse bereits bei der ersten Anzeige in der Fahrzeugliste auf mobile.de. Die Werte erschienen erst auf der Detailseite.
  • Ein Ford Puma ST-Line X mit einer Laufleistung von 3.050 km und einer Erstzulassung aus 6/24 ohne Angaben zum Energieverbrauch, den Co2-Emissionen und der Co2-Klasse ab.

Das beklagte Autohaus hielt die Klage für unbegründet, da insbesondere der Ford Mustang unstreitig einen Kilometerstand von 2.000 km aufgewiesen habe und es damit kein neuer Personenkraftwagen im Sinne der Pkw-EnVKV darstelle.

Dem ist das Landgericht Limburg in seiner rechtskräftig gewordenen Entscheidung vom 11.07.2025 (Az. 5 O 4/25) nicht gefolgt.

Ausdrücklich führt das Gericht aus, dass „die Pkw-Energieverbrauchskennzeichenverordnung, mit der die Richtlinie 1999/94/EG umgesetzt worden ist, (…) eine eigenständige Definition des Begriffs „neuer Personenkraftwagen“ (enthält). Aus diesem Grund kann nicht auf den im nationalen Recht entwickelten Begriff des „Neuwagens“ zurückgegriffen werden, den der Bundesgerichtshof im Kaufrecht oder im Wettbewerbsrecht bei der Frage der Irreführung zu Grunde legt.“

Dem Urteil ist eine übersichtliche Zusammenfassung der bisherigen BGH-Rechtsprechung zur alten Pkw-EnVKV und dem Neuwagenbegriff und dem Gesetzgebungsverfahren zu entnehmen und führt aus:

„Dass sich der Verordnungsgeber dafür entschieden hat, die Vermutung so wie geschehen zu fassen und damit den Kreis der als „neu“ im Sinne der Pkw-EnVKV zu verstehenden Personenkraftwagen im Vergleich zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes im Ergebnis auszuweiten, liegt innerhalb seiner bestehenden rechtlichen Möglichkeiten des Verordnungsgebers, zumal die Ausweitung dem in Art. 1 der Richtlinie 1888/94/EG formulierten Richtlinienzweck dient.

Soweit die Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung Extrembeispiele angeführt hat, beispielsweise ein Fahrzeug mit 100.000 km Laufleistung innerhalb von zwei Monaten seit Zulassung oder umgekehrt einer Laufleistung von wenigen Kilometern innerhalb von zwei Jahren seit Zulassung, zwingt dies nicht zu einer Auslegung von § 2 Abs. 1 Nr. 2 gegen den ausdrücklichen Wortlaut und die Gesetzesbegründung, vielmehr wären die Besonderheiten des konkreten Einzelfalls im Rahmen der Prüfung zu würdigen, ob die Vermutung vorliegend widerlegt ist.

Damit ist vorliegend nicht nur der Ford Kuga, sondern auch der Ford Mustang mit einer Zulassungszeit von lediglich zwei Monaten „neu“ im Sinne der Pkw-EnVKV. Gründe, entgegen der Vermutung, davon auszugehen, dass die Fahrzeuge zu einem anderen Zweck als dem des Weiterverkaufs oder der Auslieferung von der Beklagten gekauft worden waren, sind nicht ausreichend vorgetragen. Die Laufleistung von 2.000 km bei dem Ford Mustang genügt insoweit nicht.“

Fazit:

  1. Das Landgericht Limburg vertritt damit die Auffassung, dass es sich grundsätzlich um einen Neuwagen handelt, wenn dieses weniger als 1000 Kilometer gelaufen ist oder eine kürzere Zulassung als 8 Monate aufweist.
  2. Abweichungen von diesen Regelbeispielen hält das Gericht entsprechend der gesetzlichen Regelung für möglich – es muss dazu im Prozess aber ausführlich und stichhaltig vorgetragen werden, warum das betroffene Fahrzeug anders zu bewerten sein soll als in den Regelbeispielen dargelegt. Inwieweit dieses oder andere Gerichte zu solchen Entscheidungen kommen werden, bleibt der weiteren Rechtsprechung überlassen. In jedem Falle wird ausreichend dazu vorzutragen sein, warum das Fahrzeug zu einem anderen Zweck als dem des Weiterverkaufs angeschafft wurde.
  3. Der Streitwert in dem Fall des Landgerichts Limburg entspricht mit 30.000 Euro der Vorgabe des OLG Frankfurt/Main und betrifft im vorliegenden Fall zwei Fahrzeuge mit unterschiedlichen Fehlern – was man mit Bezug auf jüngere Versuche der DUH zur Streitwerterhöhung betonen muss.