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BGH-Urteil: Geldverlust infolge manipulierter Angaben zur Kontoverbindung des Gläubigers durch unbekannten Dritten

Auch wenn der Schuldner im Falle einer Geldüberweisung auf ein fremdes Konto Opfer einer betrügerischen Kontodatenmanipulation durch einen unbekannten Dritten wird, muss er dennoch seine gegenüber dem Gläubiger eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen erfüllen. Er trägt die Gefahr des Verlusts des überwiesenen Geldbetrages.

In einem branchenfremden Urteil vom 08.10.2025 (Az. IV ZR 54/24) hat der BGH die lange Zeit umstrittene Rechtsfrage entschieden, ob der Schuldner einer Geldleistung von seiner Leistungspflicht gegenüber dem Gläubiger frei wird, wenn ein unbekannter Dritter die Angaben des Gläubigers zum Konto ohne dessen Wissen manipuliert hat und die Versuche, die seitens des Schuldners auf das manipulierte Konto überwiesenen Geldbeträge zurück zu erlangen, gescheitert sind.

Sachverhalt

In dem zugrunde liegenden Rechtsstreit war es einem unbekannten Dritten gelungen, einen auf dem Postweg befindlichen Brief abzufangen und die darin enthaltenen Angaben zum Konto zu manipulieren, bevor das Schreiben dem Schuldner der Geldleistung zuging. Der Inhaber des manipulierten Kontos konnte nicht ermittelt werden.

Entscheidung des Gerichts

Ebenso wie die beiden Vorinstanzen, entschied der BGH, dass der Schuldner durch die Überweisung des Geldbetrages auf das Konto eines unbekannten Dritten, nicht von seiner Leistungspflicht gegenüber dem Gläubiger frei wird. Auch wenn der Schuldner Opfer einer betrügerischen Kontodatenmanipulation wird, muss er seine gegenüber dem Gläubiger eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen dennoch erfüllen.

Zwar sieht das Gesetz auch Ausnahmefälle vor, in denen eine Leistung an einen nichtberechtigten Dritten befreiende Wirkung gegenüber dem Gläubiger haben kann, wie z.B. den Fall einer nachträglichen Genehmigung der Leistung durch den Gläubiger, diese sind im Falle einer betrügerischen Manipulation der Kontoangaben durch einen (unbekannten) Dritten aber in der Regel nicht einschlägig.

Bei Geldleistungen obliegt dem Schuldner bis zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit grundsätzlich das Verlustrisiko (§ 270 Abs. 1 BGB). Das gilt auch dann, wenn eine Geldleistung im Wege der Überweisung erfüllt wird. Eine hiervon abweichende Risikoverteilung kommt nur in Betracht, wenn die Vertragsparteien dies ausdrücklich oder konkludent vereinbart haben. Allein aus der Vereinbarung einer bestimmten Art der Geldübermittlung lässt sich allerdings nicht ableiten, dass die Vertragsparteien damit zugleich eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Vereinbarung über die Verlustgefahr treffen wollten.

Hat der Gläubiger durch ein Verhalten, das allein seiner Sphäre zuzurechnen ist, die Verlustgefahr erst geschaffen, kann es ausnahmsweise unangemessen sein, den Schuldner für die Gefahr des Geldverlustes bei der Geldübermittlung haften zu lassen. Hierfür reicht es aber nicht aus, dass eine Fälschung im Machtbereich des Gläubigers lediglich möglich erscheint; diese muss vielmehr feststehen und auf einem dem Gläubiger zuzurechnendem Verhalten beruhen.

Der Umstand, dass sich der Gläubiger für eine Übermittlung der Kontodaten auf dem Postwege entschieden hat, hat deren Manipulation zwar erst ermöglicht, allerdings ging damit keine dem Gläubiger zurechenbare Erhöhung einer Manipulationsgefahr einher, die einen Übergang des Verlustrisikos auf den Gläubiger rechtfertigen könnte. Hinzu kommt, dass die Schaffung einer Manipulationsgefahr durch einen unberechtigten Dritten aufgrund einer üblichen Nutzung des Postweges seitens des Gläubigers einen gänzlich unwahrscheinlichen Kausalverlauf darstellt, der der Gläubigersphäre nicht zurechenbar ist. Es entspricht gerade nicht dem gewöhnlichen, sondern einem unwahrscheinlichen Kausalverlauf, dass nach Übergabe einer verschlossenen Postsendung an ein Postbeförderungsunternehmen die Postsendung unter Verletzung des Briefgeheimnisses geöffnet und ihr Inhalt im Wege einer Urkundenfälschung in betrügerischer Absicht verändert wird.

Auch wenn der Verlust der Geldleistung auf einer für beide Vertragsparteien völlig unvorhersehbaren außergewöhnlichen Störung der Übermittlung beruht, kommt dennoch auch keine hälftige Teilung des Verlustrisikos auf Schuldner und Gläubiger nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in Betracht. § 270 Abs. 1 BGB regelt gerade den zufälligen, mithin den von keiner Partei zu vertretenden Untergang. Damit hat der Gesetzgeber das Risiko der Verlustgefahr eindeutig dem Schuldner zugeordnet.

Fazit

Versendet ein Kfz-Betrieb Rechnungen unter Angabe der Kontodaten auf dem Postweg, steht ihm auch dann ein Anspruch gegen den Rechnungsadressaten zu, wenn ein unbekannter Dritter die Postsendung unterwegs illegalerweise abfängt und die Kontodaten manipuliert und die zur Begleichung des Rechnungsbetrages erfolgten Geldüberweisungen des Rechnungsempfängers nicht auf seinem, sondern einem fremden Konto ankommen. Das Risiko, das der überwiesene Geldbetrag verloren geht, trägt allein der Rechnungsempfänger.